Auszeichnungen, Top-Ranking, viele Sterne: Der Campingplatz Aminess Sirena in Istrien zählt zu den besten. Doch viele Besucherinnen und Besucher können das viele Lob nicht nachvollziehen. Wir wollten uns selbst ein Bild machen und sind im Oktober nach Novigrad, Kroatien, gereist. Hier unsere Empfehlungen für die kommende Urlaubssaison.

Online buchen und 20 Euro mehr bezahlen

Als wir Anfang Oktober am Campingplatz eintrafen, war der Platz so gut wie ausgebucht. Damit haben wir nicht gerechnet. Wir hatten vorab nicht online gebucht, weil man einerseits ohnehin keinen konkreten Stellplatz, sondern nur die Kategorie buchen kann, und man andererseits dafür 20 Euro „Reservierungsgebühr“ zusätzlich zahlen muss. Das fanden wir unangemessen und unverständlich. Warum noch eine Extra-Gebühr dafür zahlen, dass man den gesamten Buchungsvorgang selbst erledigt? Wofür genau? Unsere Anfrage wurde mit dem Verweis auf das Buchungsportal der Aminess-Hotelgruppe begründet. Da sei so üblich. Also riskierten wir es und fuhren ohne Reservierung los. Bei Ankunft konnten wir uns die noch verfügbaren freien Plätze ansehen und das war gut so. Online ist es schwer möglich, sich ein Bild der Gegebenheiten machen, denn der Platz ist riesig. Es gibt 391 Parzellen in neun Stellplatz-Kategorien. Der Platz hat bis Anfang November geöffnet und ist noch bis in die Herbstferien sehr beliebt.

Sonne oder Schatten?

Was im Hochsommer sicherlich überaus angenehm ist, stellt sich im Oktober (und wahrscheinlich auch im Frühjahr) als ungemütlicher heraus: der große Pinienwald, in dem die meisten Stellplätze untergebracht sind. In der kühleren Jahreszeit ist man für jeden Sonnenstrahl dankbar, denn im Schatten ist es richtig frisch. Doch das Camp war fast ausgebucht und die Plätze an der Sonne rar. Auch die Preisunterschiede sind auf dem sowieso hochpreisigen Platz beachtlich. Saisonale Rabatte, etwa über Campingclubs etc., erhält man nur in den günstigen Kategorien, die zu dieser Jahreszeit begehrten Plätze auf den Sonnenterrassen oder direkt am Strand sind teuer und ausgebucht.

Der Strand

Der Hauptstrand direkt vor dem Areal des Pinienwaldes ist ein recht schmaler Streifen terrassierter Steinstrand, der Zugang ins Wasser ist, wie oft in Kroatien, felsig und steinig. Hier gibt es keinerlei Beschattung, was im Herbst nichts ausmacht, im Hochsommer aber sicherlich herausfordernd ist, denn Sonnenschirme kann man nicht in den Steinboden stecken. Wirklich schön finden wir den Strand nicht. Hier kann man eigentlich nur mit Liegestuhl gemütlich liegen, beeindruckend ist allerdings der Sonnenuntergang.

Luxus-Stellplätze direkt am Strand

Ein Teil des Campingplatzes bietet Stellplätze direkt am Strand. Das sieht vor allem auf der Aminess-Website beeindruckend aus. Die Plätze in der ersten Reihe haben freilich ihren Preis: Unsere Testbuchung zu Pfingsten 2022 ergab 60 Euro Platzpreis. Inklusive zwei Personen, Steuern und Buchungsgebühr im Fall einer Onlinebuchung musste man für ein verlängertes Pfingst-Wochenende (vier Nächte) gut und gerne 87 Euro pro Nacht einkalkulieren. Und es wird nicht billiger werden. Im Juli 2023 wird alleine der Standplatz ganz vorne am Wasser 140 Euro pro Nacht kosten. Wirft man einen Blick ins Buchungssystem, sieht man, dass Top-Plätze mitunter bereits jetzt für die Hochsaison stark gebucht sind.

Da muss der Platz schon was hergeben, dachten wir uns. Bei der Besichtigung kam dann die Ernüchterung: Die Plätze liegen zwar wirklich sehr schön direkt am Strand, nur der ist eher bescheiden. Grober Schotter macht das Barfußgehen und Am-Boden-Liegen nahezu unmöglich, die Sonnenschirme samt Liegestühlen sind kostenpflichtig und leider ist auch dieser Strand nicht schön. Eine Seite wird durch eigenartige Betonblöcke begrenzt, der andere, zum Camp hin auslaufende, von einer Abbruchkante und Felsenplatten, die man praktisch kaum nutzen kann. Die Aussicht von den Luxus-Plätzen ist freilich fantastisch, im Hochsommer sucht man den Schatten jedoch vergeblich. Es gibt nur ein paar nicht sehr hohe Bäume. Wir finden den Preis daher nicht gerechtfertigt, zumal es hier unten auch überhaupt keine Infrastruktur wie Sanitärgebäude oder eine Strandbar gibt.

Kritik der Besucherinnen und Besucher

Liest man auf Campingplatz-Plattformen, was den Campinggästen nicht gefällt, stößt man auf sehr ähnliche Themen, die wir uns vor Ort angesehen haben. Alte und unsaubere Sanitärgebäude: Wir haben überwiegend modernisierte Gebäude gesehen, die allesamt sehr gepflegt waren. Kalte Sanitärgebäude: Manchen sind die recht offen gehaltenen Gebäude im Herbst zu kühl. Das ist gut nachvollziehbar. Wir haben hinter der Strandbar ein kleines Sanitärhaus entdeckt, das Fenster statt Gitter hat und auch eine Eingangstür, die man schließen kann. Dort sollte es wärmer sein. Hunde, die auf die Stellplätze pinkeln: Das ist leider ein auf vielen Campingplätzen verbreitetes Problem. Obwohl es genügend Möglichkeiten zum Gassi-Gehen außerhalb der Standplätze und einen eigenen Hundestrand gibt, lassen einige Hundebesitzer ihren Hund an der langen Leine auf dem Campingplatz herumlaufen. Verständlich, dass die vielen Bäume (und gelegentlich auch die Reifen) zum Markieren und Urinieren einladen. Wir konnten das auch beobachtet. Verkehr von früh bis spät: Auch das haben wir erlebt. Fahrzeuge fahren praktisch den ganzen Tag über bis spät am Abend am Campingplatz ein und aus. Vor allem die Anreise ist bis spätabends möglich. Manche Reisemobile suchen in der Finsternis ihren Stellplatz, das kann vor allem an den „Hauptstraßen“ unangenehm sein.

Novigrad macht vieles wett

Womit der Campingplatz Aminess Sirena punktet, ist seine Nähe zum Ort Novigrad. Mit dem Fahrrad ist man in ein paar Minuten dort, zu Fuß ist es ein rund 20-minütiger Spaziergang, den man unbedingt machen sollte. Denn Novigrad ist sehr nett. Klein und überschaubar bietet es eine Miniversion eines typisch istrischen Küstenorts: Halbinsel mit Altstadt, schmale Gässchen und ein kleiner Hafen. Austrophilen Urlauberinnen und Urlaubern legen wir das kleine Militär- und Marinemuseum Gallerion ans Herz. Für einen idyllischen Sonnenuntergang im Hafen empfiehlt sich besonders die Cocktailbar Amore. Ein wunderbarer Start in einen genussvollen Abend.

Istrische Küche vom Feinsten

Novigrad ist bekannt für seine hervorragenden Restaurants und Konobas, wie man die Gasthäuser hier nennt. Es lohnt sich also, sich durchzukosten, denn es kann in der Nebensaison schon einmal passieren, dass das Campingplatz-Restaurant abends nicht mehr geöffnet hat. Stellvertretend für die vielen in diversen Kulinarikführern empfohlenen Restaurants möchten wir hier zwei vorstellen.

Die Konoba Čok ist ein alteingesessenes und weit über die Grenzen Istriens hinaus bekanntes Fischrestaurant. Eine Speisekarte gibt es zwar, aber bestellt wird am besten das, was der Hausherr präsentiert und empfiehlt. Er kommt mit den fangfrischen Fischen vorbei, aus denen man auswählen kann. Die Vorspeisen-Kreationen sollte man durchprobieren, hervorragend sind etwa Fisch-Carpaccio (je nach Fang) oder Crevetten mit Trüffel. Danach kommt der gewählte Fisch eher traditionell daher, was sein Aroma voll zur Geltung bringt. Preislich bewegt sich ein fischreicher Abend samt istrischer Weinbegleitung dort, wo man es erwarten kann. Aber ab und zu gönnt man sich derartige Gaumenfreuden. Wir empfehlen rechtzeitig zu reservieren.

Als urige und günstige Alternative bietet sich die Konoba Anni nicht unweit des Campingplatzes an. Sie liegt eher unspektakulär an der Durchzugstraße, ist aber derart beliebt, dass sie auch in der Nebensaison gut besucht ist. Hier hat man sich auf eine Fusion-Küche mit mediterranem Schwerpunkt geeinigt und bietet Speisen an, die man in einer istrischen Konoba sonst kaum serviert bekommt: eine beachtliche Auswahl an Tapas, von thailändisch angehauchten Curry-Kokos-Garnelen über zartes Rinderfilet in Weinsud bis hin zu spanisch inspirierten Patatas mit Aioli oder frittierten Calamari. Außerdem gibt es fantastische und hoch aufgetürmte Burger zu wohlfeilen Preisen sowie Klassiker der istrischen Küche. Das Ganze genießt man nicht unter den Weinreben, wie das oft auf kroatischen Terrassen der Fall ist, sondern unter der Kiwi-Laube.

Fazit der Redaktion:
Der Campingplatz Aminess Sirena hält nicht, was die Website und die vielen Auszeichnungen an Erwartungen schüren. Der Platz ist riesig und Teil des Aminess-Resorts mit zwei angrenzenden Hotels auf der einen und einem ebenfalls sehr große Mobilheimplatz auf der anderen Seite. Die Standard-Stellplätze sind in Ordnung, die Sanitäranlagen sind modern und sauber. Die Standplätze auf den Sonnenterrassen und am Strand sind viel zu teuer und die beiden Strände geben nichts her. Wir können die „Superplatz-Auszeichnungen“ wie viele andere nicht nachvollziehen. Ohne Novigrad in unmittelbarer Nähe wäre der Platz für Menschen, die gerne am Strand sind und auch etwas vom Urlaubsland sehen möchten, ziemlich uninteressant. Gut für ein verlängertes Wochenende in der Nebensaison, mehr nicht.

Links:
Campingplatz Aminess Sirena
Visit Novigrad: Infos auf Deutsch

Bild: ©VANLIFE Magazin

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